In der öffentlichen Gemeinderatssitzung am 25.04.2016 wurden für Bürger und Gemeinde weitreichende Beschlüsse gefasst.
Zu dieser Sitzung waren auch Pressevertreter der beiden lokalen Tageszeitungen (Ostthüringer Zeitung und Osterländer Volkszeitung) anwesend. Deren Veröffentlichungen zur Sitzung bzw. deren Inhalten werden hier kurz dargestellt.
Die Textquellen entsprechen den jeweiligen Tageszeitungen vom 27.06.2016.
Der Anfang ist gemacht: Cordula Fischer über Politiker aus Dobitschen, die handeln, statt nur zu reden
Das war nicht absehbar und nicht selbstverständlich, dass der Gemeinderat Dobitschen es schafft, einen Haushalt aufzustellen, nachdem das im vergangenen Jahr scheiterte und die vorliegenden Zahlen nur lückenhaft waren.
Sicherlich hätte es sich das sechsköpfige Gremium einfach machen können und sich kampflos in die Hand des Freistaats geben können, der bei einem Haushaltssicherungskonzept die Entscheidungsgewalt über das hat, was im Ort geschieht. Viel Zeit haben der Gemeinderat und der im Juni neu zu wählende Bürgermeister angesichts der Gebietsreform sowieso nicht mehr, um die Geschicke von Dobitschen zu lenken. Aber diese Zeit wollen die Politiker nutzen.
Nicht nur für ihre Arbeit muss man Respekt aufbringen, auch dafür, dass sie ein deutliches Zeichen setzen, wenn es darum geht, den Gürtel enger zu schnallen. Die Steuererhöhungen treffen ja auch sie, aber sie drehen auch noch an einer anderen Schraube: der Reduzierung ihrer eigenen Aufwandsentschädigung.
Das löst zwar nicht alle Probleme, aber ist ein Anfang.
Sparen beginnt bei Gemeinderat: Nach misslungenen Versuch hat Dobitschen Haushalt aufgestellt
Ein guter oder nicht so guter Tag – diese Frage kann Bernd Franke, der derzeit die Amtsgeschäfte in Dobitschen leitet, noch nicht beantworten. Allerdings ist es der Tag, nachdem die Gemeinde endlich wieder einen Haushalt aufstellt.
Dobitschen. Es ist ein 25-seitiges Zahlenwerk, das in anderen Gemeinden nicht für solches Furore sorgt, wie in Dobitschen. Ein halbes Jahr hat der Gemeinderat an der Aufstellung des Haushalts gearbeitet. Das war 2015 nicht gelungen. Und ob es für dieses Jahr Realität würde, war nicht sicher. „Es war ein hartes Stück Arbeit für uns“, sagt Bernd Franke (Wählergemeinschaft SV Eintracht Dobitschen), der derzeit das Amt des Bürgermeisters übernommen hat und wie die fünf Gemeinderäte seit Oktober 2015 sicherlich einige schlaflose Nächte hatte. Bis er am Montagabend verkünden konnte, dass die Gemeinde es abwenden konnte, ein Haushaltssicherungskonzept aufzustellen, und sie damit die Entscheidungsgewalt darüber behalte, was im Ort geschieht.
Auf alle Bürger kommen höhere Belastungen zu
Das zum einen mag die 18 Bürger gefreut haben, die zur Gemeinderatssitzung gekommen waren. Ein Novum: Detailliert erläuterte Björn Steinicke (Wählergemeinschaft Freiwillige Feuerwehr Dobitschen) das Zahlenwerk und warum der Gemeinderat seine Entscheidungen getroffen habe. Zum anderen bedeutet das aber auch, dass höhere „Belastungen auf jeden einzelnen zukommen“, so Steinicke. Denn die Gemeinde muss sparen, und das funktioniert nur bei den freiwilligen Leistungen, bedeutet aber auch, dass die Gemeinde ihre Einnahmen erhöhen muss, etwa durch Steuererhöhungen. „Das war unvermeidbar, um die Entscheidung über unsere Gemeinde nicht an Erfurt abzugeben“, erklärte Steinicke. Daniel Schulze (Wählergemeinschaft SV Eintracht Dobitschen), der nicht an der Sitzung teilnehmen konnte, ließ ausrichten, dass diese „solidarischen Steuererhöhungen“ durch „durch uns nicht zu verantwortende Umstände“ nötig seien. Obwohl Franke den Bürgern die Gelegenheit einräumte, Fragen zu stellen und sich zu den Plänen zu äußern, gab es keinen Widerstand.
Begrüßungsgeld ist ab sofort gestrichen
Um mit gutem Beispiel voranzugehen, hat der Gemeinderat auch bei sich selbst nach Einsparpotenzial gesucht. Und ist fündig geworden. Bürgermeister und Ratsmitglieder reduzieren die ihnen zustehende Aufwandsentschädigung erheblich. „Wir gehen damit an das gesetzlich erlaubte Minimum heran“, sagt Franke. Im Gegensatz zu 2015, als 10.000 Euro ausgezahlt wurden, sollen es in diesem Jahr nur 2.940 Euro sein. Auch ein Fahrtenbuch würde keiner der gewählten Vertreter führen. „Denn wie kann man von den Bürgern etwas verlangen, ohne bei sich selbst anzufangen?“, sagte Franke.
Neben der Anhebung der Grundsteuer und der Erhebung einer Hundesteuer, will sich die Gemeinde auch dadurch konsolidieren, in dem sie das Begrüßungsgeld für Neugeborene ersatzlos streicht. Bisher bekamen Familien für ihren Nachwuchs 100 Euro. Dass die Gemeinde angesichts sinkender Einwohnerzahlen diesen Anreiz nun nicht mehr bieten kann, ist eine bittere Pille und war eine „schwere Entscheidung“, allerdings eine unvermeidbare. Ob es ein guter oder ein nicht ganz so guter Tag für Dobitschen war, das ließ Franke unbeantwortet. Allerdings „ist heute ein besonderer Tag für uns“, sagte er. Alle Beschlüsse hat der Gemeinderat einstimmig gefasst. Auch ein Zeichen nach den Querelen im vergangenen Jahr.
Gemeinderat hebt Steuern an und streicht Leistungen
VON JöRG WOLF
Dobitschen. Die 480-Seelen-Gemeinde Dobitschen hat seit Montag einen vom Gemeinderat beschlossenen Haushalt 2016. Dass der in Einnahmen sowie Ausgaben ausgeglichen gestaltet werden konnte, war nur dank einer ganzen Reihe von schmerzlichen Einschnitten für die Dobitschener möglich. „Und ohnehin war die Etaterstellung für den gesamten sechsköpfigen Gemeinderat ein Stück Schwerstarbeit. Wir haben im zurückliegenden halben Jahr in etlichen Sitzungen wirklich den Haushalt regelrecht zerpflückt und Zahl für Zahl geprüft“, bekannte der amtierende Bürgermeister Bernd Franke. Immerhin hatte das Dorf 2015 gar keinen Haushalt und klaffte im aktuellen Entwurf für 2016 ein Finanzloch von rund 22.000 Euro, das irgendwie gestopft werden musste.
Kein Wunder, dass vor allem wegen der Ankündigung von nicht zu umgehenden schmerzlichen Einschnitten etliche Bewohner zur entscheidenden Sitzung ins Feuerwehrgerätehaus gekommen waren. Am Ende saßen den zu Beginn vier anwesenden stimmberechtigten Gemeinderäten 16 Besucher gegenüber.
Aber die Runde hatte sich angesichts der zu beschließenden Einschnitte für die Bürger auch gut vorbereitet. Gemeinderat Björn Steinicke zeigte den Besuchern via Powerpoint-Präsentation, wie sich der Haushalt konkret aus nicht zu beeinflussenden Schlüsselzuweisungen des Landes auf der Habenseite und ebenso feststehenden Umlagen an den Kreis und den Schulbesuch der Kinder und Jugendlichen zusammensetzt. „Diese Positionen machen rund 75 Prozent des Gesamtetats aus. Als Gemeinde können wir nur auf rund ein Viertel der Einnahmen und Ausgaben direkt Einfluss nehmen“, so Steinicke.
Zu diesen 25 Prozent gehören beispielsweise die Hebesätze für die Grundsteuer, die Hundesteuer und die Entschädigungen für Bürgermeister und Gemeinderäte. Während am Montag per Beschluss die beiden direkt jeden Dobitschener treffenden Steuer-Hebesätze auf rund zehn Prozent über den Landesdurchschnitt angehoben wurden, senkten die Gemeinderäte ihre Entschädigungen auf das gesetzliche Minimum. Zudem schafften sie das Begrüßungsgeld in Höhe von 100 Euro für neugeborene Dobitschener ab. Alle Entscheidungen fielen einstimmig aus. Und auch die vor dem Haushaltsbeschluss eingeräumte Fragerunde der Bürger zum Haushalt ging quasi ohne Nachfragen über die Bühne.
Nachdem der Haushalt, der in Einnahmen und Ausgaben knapp eine Million Euro umfasst, über die Bühne war, herrschte sichtliche Erleichterung im Gemeinderat. Und Bernd Franke erörterte den schweren Weg bis zum Beschluss und was der Gemeinde ohne gültiges Zahlenwerk gedroht hätte: „Immer, wenn wir uns der Ziellinie nahe glaubten, schien jemand von hinten herangeprescht zu kommen, der uns wieder etliche Meter vom Zielstrich wegzog. Aber ohne Haushalt hätten wir ein Haushaltssicherungskonzept beschließen müssen und damit eigene Entscheidungsspielräume weitgehend aufgegeben, weil man dann von außen über unsere Finanzen gewacht hätte.“ Ob dann so ein Projekt wie die dringend nötige Schlämmung von Postteich und Oberer Teich genehmigt worden wäre, steht in den Sternen.