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Presseschau zur Gemeinderatssitzung vom 02.11.2015

Bericht der Osterländer Volkszeitung vom 04.11.2015

 

Putsch in Dobitschen: Gemeinderat schickt Bürgermeister in die Wüste

 

Wegen unzureichender Amtsführung wird Olaf Heinke kollektiv gekündigt / Sofortiger RücktrittPaukenschlag in Dobitschen: Der sechsköpfige Gemeinderat hat in einer hochdramatischen Sitzung am Montag seinem langjährigen ehrenamtlichen Bürgermeister Olaf Heinke per Erklärung das Vertrauen entzogen und ihn zum sofortigen Rücktritt bewegt.
 

 


Dobitschen. Paukenschlag in Dobitschen: Der sechsköpfige Gemeinderat hat in einer hochdramatischen Sitzung am Montag seinem langjährigen ehrenamtlichen Bürgermeister Olaf Heinke (55) per Erklärung das Vertrauen entzogen und ihn zum sofortigen Rücktritt bewegt.
Chronologie eines Dramas in drei Akten: Olaf Heinke leitet schon seit 15 Jahren die Geschicke der rund 500 Einwohner zählenden Gemeinde der Verwaltungsgemeinschaft Altenburger Land. In den zurückliegenden Monaten mehr schlecht als recht. Die Anspannung ist dem Gemeindeoberhaupt deutlich anzumerken, als er eine knappe halbe Stunde vor dem offiziellen Sitzungsbeginn am Bürgertreff in Dobitschen ankommt. Allein sitzt er kurz vor 19 Uhr am Kopf der Sitzungstafel im Versammlungsraum, der sich immer mehr mit Anwohnern füllt. Zusätzliche Stühle müssen herbeigeschafft werden, um den gut und gern 30 Zuhörern dieser historischen Sitzung ausreichend Sitzgelegenheiten zu bieten. Im Dorf hat sich offensichtlich herumgesprochen, dass der Gemeinderat willens ist, die Notbremse zu ziehen und den Bürgermeister in die Wüste zu schicken gedenkt.
Heinke eröffnet kurz nach 19 Uhr die Sitzung. Sein Stellvertreter Bernd Franke unterbricht ihn und beantragt eine Ergänzung der Tagesordnung um einen entscheidenden Punkt: „Gemeinsame Erklärung aller Gemeinderäte“ heißt der lapidar, aber jeder im Raum weiß um den Sprengstoff dieses später von Franke verlesenen mehrseitigen Papiers.
Auch Heinke weiß zu gut, dass ihm das Wasser förmlich bis zum Hals steht. Er versucht, mit einer bemerkenswert offenen Erklärung das Steuer wieder unter Kontrolle zu bringen. „Allen muss doch klar sein, dass es für Gemeinden von der Größe Dobitschens als eigenständiger Ort keine Zukunft mehr gibt. Das ist offensichtlich nicht mehr so gewollt, und wir stoßen selber immer mehr an unsere finanziellen Grenzen“, sagt Heinke. Auch dieses Jahr habe man noch keinen rechtsgültigen Haushalt. „Ich habe Fehler gemacht, indem ich den Gemeinderat nicht umfänglich über die sich verschärfende Situation informiert und auch fast ein halbes Jahr keinen Gemeinderat einberufen habe. Da war ich auch zu ehrgeizig und zu stolz, um einzugestehen, dass mir die Probleme über den Kopf wachsen. Und ich habe angesichts familiärer Schicksalsschläge auch auf ein Wunder gehofft. Dafür möchte ich mich bei allen entschuldigen“, liest Heinke mit versteinerter Miene vor.
Akt zwei: Um 19.20 Uhr beginnt der Showdown, als Bernd Franke die Erklärung verliest. Es ist eine Generalabrechnung mit Heinke. Der Bürgermeister nehme seine ihm übertragenen Aufgaben nicht mehr in dem notwendigen Maß wahr, so der Vizebürgermeister. „Entscheidungen des Gemeinderates wurden teilweise ignoriert oder nicht voll umgesetzt. Zudem fehlten ihm wichtige Informationen, die es gar nicht, unvollständig oder erst auf Nachfragen gab. Sitzungen wurden schon seit fast einem halben Jahr nicht mehr einberufen. Zudem haben wir wichtige Unterlagen oder Beschlussvorlagen nicht, erst zu spät oder nur teilweise zu Gesicht bekommen. Und immer wieder hat der Bürgermeister am Gemeinderat vorbei Entscheidungen getroffen“, so Franke. „Das Vertrauensverhältnis ist nachhaltig gestört, weshalb wir den Bürgermeister unverzüglich zum Rücktritt auffordern.“
Akt drei: Olaf Heinke braucht einige Sekunden, bis er trotz seiner vorausgegangenen Erklärung die in ihrer Härte ungemilderten Vorwürfe verdaut und die Fassung wiedergefunden hat. „Ich habe schon vorhin gesagt, dass ich mich ernsthaft mit Rücktrittsgedanken trage und schlage nun meinen Rücktritt zum 31. Dezember vor“, sagt er mit tonloser Stimme. Das reicht der Runde nicht: „Wir sind nicht mehr bereit, mit Dir weiter zusammenzuarbeiten und werden das auch nicht“, legt sich Franke fest.
Ein fast schon väterlicher Rat von Gemeinderat Egon Steinicke führte Heinke seine aussichtslose Lage nochmals vor Augen: „Olaf, wenn Du bleibst, dann riskierst Du ein Abwahlverfahren durch die Bürger. Das wird zu einer Schlammschlacht, die niemand von uns will.“ 19.53 Uhr ist die Ära von Olaf Heinke beendet: „Ich wünsche der Gemeinde oder später dem Ort Dobitschen alles Gute und erkläre meinen sofortigen Rücktritt“, sagt er und verlässt wortlos den Saal.
In drei Monaten soll nun ein Nachfolger gewählt werden. Bis dahin muss der Gemeinderat unter kommissarischer Leitung von Bernd Franke unter anderem einen Haushalt erstellen.

 

 

 

 

 

 

 

 

Kommentar der Osterländer Volkszeitung vom 04.11.2015

 

Steilvorlage für die Gebietsreformer

Der Fall Dobitschen ist schon einzigartig im Altenburger Land. Wo sonst hat eine kleine Gemeinde ihren ehrenamtlichen Ortsbürgermeister regelrecht vom Acker gejagt? Aus sicher nachvollziehbaren Gründen, wie zur Gemeinderatssitzung die lange Liste von Olaf Heinkes Verfehlungen aufdeckte.
Aber der Fall Dobitschen zeigt noch eines eindrucksvoll: Wie schnell das Zaudern oder Aussitzen eines Einzelnen in Zeiten immer knapperer Kassen eine ganze Kommune in eine ernste Schieflage bringen kann. Und wer sich die maladen Haushalte mancher noch eigenständiger Kleindörfer im Landkreis genau betrachtet, der kommt recht schnell zu dem Schluss, dass der Dobitschener Rauswurf wohl nur die berühmte Spitze des Eisberges ist. Im Falle des 500-Einwohner-Dorfes in der Verwaltungsgemeinschaft Altenburger Land war es ein persönliches Versagen, der die Indianer ihren Häuptling opfern ließ. Doch auch andernorts braucht es nur noch den berühmten Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt und den finanziellen Gau im Dorf herbeiführt.
Deshalb liefert Dobitschen auch die berühmte Steilvorlage für die Befürworter der von der Landesregierung vorangetriebenen und an der Basis scharf kritisierten Gebietsreform. Weil dies im Kern an diesem denkwürdigen Abend im Bürgertreff auch eingeräumt wurde: Allein komme man vielleicht noch drei Jahre hin, danach gehe es maximal nur noch in einer Einheitsgemeinde sinnvoll weiter. Vor allem, wenn in Erfurt die Daumenschrauben nach der Freiwilligkeitsphase angezogen werden. Deshalb sollten nicht nur die Dobitschener, sondern auch alle anderen die freiwillige Zeit nutzen, um sich auf Augenhöhe in eine mögliche Eheschließung mit sympathischen Partnern einzubringen.

 

 

 

 

 

 

 

 

Bericht der Ostthüringer Zeitung vom 04.11.2015

 

Dobitschens Bürgermeister tritt zurück

Paukenschlag in Dobitschen: Bürgermeister Olaf Heinke (parteilos) ist zurückgetreten. Der Gemeinderat hat ihn dazu gedrängt und das am Montag ausführlich begründet.
Dobitschen. Die Uhr zeigte 19.53 Uhr am Montagabend, als Olaf Heinke nach fünfzehn Jahren ihm Amt seinen Posten als Bürgermeister von Dobitschen aufgab. „Ich trete jetzt zurück“, waren seine letzten Worte, ­bevor er sich seine Jacke anzog und den Sitzungsraum am Feuerwehrgerätehaus verließ. Gemeinderat und Einwohnerschar hatten den Vorgang mit eisigem Schweigen verfolgt.
Die 53 Minuten davor waren indes wort- und kritikreich. In einer gemeinsamen Erklärung hatten alle Gemeinderatsmitglieder, die in Dobitschen die Feuerwehr und der Sportverein stellen, ihrem Ärger über mehrere A4-Seiten hinweg Luft gemacht. Von nicht eingehaltenen Absprachen zwischen Bürgermeister und Gemeinderat war da die Rede. Vom eigenmächtigen Handeln und Entscheiden des Gemeindeoberhauptes ebenfalls.
Kritik gab es für den oftmals dürftigen und nicht selten gar nicht vorhandenen Informationsfluss zwischen Bürgermeister und Gemeindevertreter, die sich dadurch so massiv in ihrer Arbeit behindert sehen, dass sie guten Gewissens keine Entscheidungen mehr treffen können. Nun sei das Vertrauensverhältnis zu Olaf Heinke zerstört.
Der Gemeinderat hatte offenbar erst vor zwei Wochen erfahren, wie schlecht es tatsächlich um die Gemeindefinanzen steht. Mit Zahlen operierte man am Montagabend zwar nicht. Aber so viel ist sicher: In diesem Jahr wird die Gemeinde Dobitschen keinen Haushalt mehr verabschieden.
Was insofern hinderlich ist, da sie so keine Fördermittel beantragen kann für Projekte, mit denen Hochwasserschäden beseitigt werden sollen. Völlig offen sei deren Durchfinanzierung sowieso, da die Förderung nur 90 Prozent der Gesamtsumme beträgt, die Gemeinde also einen finanziellen Eigenanteil aufbringen muss. Konkreteres zur Haushaltssituation der ­Dobitschener war gestern nicht mehr zu erfahren. Alle Mitglieder des Gemeinderates hatten schon am Montagabend abgelehnt, auch nur irgendein Detail preis zu geben. Und auch in der Kämmerei der Verwaltungsgemeinschaft (VG) „Altenburger Land“ hielt man sich gestern sehr bedeckt bei den Anfragen von OTZ-Schmöllner Nachrichten.
Bürgermeister entschuldigt sich Olaf Heinke jedenfalls räumte am Montagabend noch vor der Erklärung der Gemeinderatsmitglieder Versäumnisse ein und entschuldigte sich dafür. Er habe von der schlimmen Haushaltslage gewusst, es jedoch nicht fertiggebracht, irgend etwas zu unternehmen. „Ich habe auf ein Wunder gewartet“, gab er unumwunden zu. Das sollte vermutlich die Erklärung dafür sein, warum zwischen der letzten Gemeinderatssitzung und der am Montag immerhin fünf Monate vergingen. Er trage sich auch mit Rücktrittsgedanken, so Heinke in seiner Erklärung, wolle dies aber nicht öffentlich ausdiskutieren.
Dazu kam es nicht. Der komplette Gemeinderat ließ keinen Zweifel daran aufkommen, dass er mit Heinke nicht mehr zusammenarbeiten wollte. Am Montagabend ging es nicht mehr darum, ob der Bürgermeister zurücktritt, sondern wie schnell. Das Angebot des 55-Jährigen, zum 31. Dezember dieses Jahres auszuscheiden und bis dahin mitzuarbeiten, lehnte der Gemeinderat rundheraus ab. „Wir haben uns das hier wirklich nicht leicht gemacht. Aber wir wollen, dass du heute zurück trittst“, ließ Bernd Franke, stellvertretender Bürgermeister, keinen Zweifel an der Entschlossenheit des Gremiums aufkommen. Und Franke schob nach: „Wir wollen intensiv arbeiten und das können wir mit dir nicht. Wenn wir mit dir bis Ende dieses Jahres hätten zusammenarbeiten wollen, dann hätten wir das gesagt.“
Das ließ nun keinen Raum mehr für Spekulationen. Heinke fasste sich kurz, wünschte der Gemeinde eine schöne Zukunft, trat mit sofortiger Wirkung zurück und ging.
Allerdings ist es doch nicht ganz so einfach, den Bürgermeisterposten abzugeben. Holger Peters, Hauptamtsleiter in der VG „Altenburger Land“ informierte gestern die Dobitschener Gemeinderäte und Olaf Heinke darüber, dass Heinke seinen Rücktritt bei Landrätin Michaele Sojka (Die Linke) beantragen müsse. So könne das Amt erst zum 30. November niedergelegt werden. Neuwahlen in Dobitschen müssten dann ab diesem Zeitpunkt innerhalb von drei Monaten stattfinden. „Wenn sich aber jemand findet, der die Geschicke noch etwas länger führen könnte in Dobitschen, könnte man den Wahltermin dort mit dem für die meisten Bürgermeisterwahlen im gesamten VG-Gebiet zusammenlegen“, so Peters weiter. Das wäre dann Ende Mai/Anfang Juni kommenden Jahres.

 

 

 

 

 

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